Nachdem unsere BA Maschine so
lange über Antigua gekreist war, dass einem fast schwindlig
wurde, und wir daraufhin die langsame Einwanderungsprozedur
überstanden hatten, rannten wir mit unserem Gepäck zum
Winair Schalter und konnten gerade noch 20 Minuten vor
Abflug der letzten Maschine des Tages nach Montserrat
einchecken.
Kartenmaterial zur Orientierung
Nach dem kurzen Flug mit der alten
DHC-6-300 Maschine verließen wir den Flughafen auf
Montserrat schnell in Richtung eines Supermarktes um unseren
Proviant zu vervollständigen. Danach ließen wir uns
zum Jack Boy Hill Observationspunkt (Fig.1) fahren wo wir
vom glühenden Soufriere Hills Vulkan erwartet wurden, der
nur eine kleine Wolkenkappe hatte (Fig.2a, 2b, 2c). Da
der Vulkan oft über Tage in Wolken steckt war dieser erste
Anblick eine riesige Erleichterung. Es war der erste
Blick auf den Vulkan für Martin, während ich schon zum
dritten Mal auf dieser charmanten kleinen Insel mit seinem
sich immer ändernden Vulkan zu Gast war.
1(rr)
2a
(mr) 2b(mr)
2c(rr)
Die Nacht
wurde auf dem Aussichtspunkt verbracht um die ersten Bilder
von dem 5km entfernten Dom in den Kasten zu kriegen.
In der Morgendämmerung "schwangen" wir je 40 Kilo Gepäck auf
die Schultern und begaben uns auf den Weg in die Sperrzone.
Wir überquerten durch Erosion schon leicht zerfurchte
Ablagerungen früherer Pyroklastischer Ströme (Fig.3a) und
schritten langsam in Richtung der verlassenen und halb
zerstörten Siedlung von Bethel (Fig.3b). Dabei war die
Hoffnung über die überwachsene Siedlung weiter in Richtung
der nächsten Siedlung "Long Ground" vorzurücken, um eine
geeignete und einigermaßen sichere Stelle zum beobachten
Pyroklastischer Ströme
einzunehmen.
3a
(rr)
3b
(rr)
4
(rr)
5a
(mr)
Als wir die bewachsenen Überreste
von Bethel erreichten mussten wir feststellen, dass Plan A
nicht umsetzbar sein würde. Die Gegend ist sehr dicht
mit relativ macheteresistenten Dornenbüschen überwachsen,
die Häuser in schlechten Zustand und voller Wespennester
(Fig.4). Nach höchstens 100m Wegstrecke die mit der
Machete freigeschlagen werden musste, ließen wir uns an
einer Stelle zwischen den Büschen nieder wo die Vegetation
wenigstens nicht den Blick Richtung Dom versperrte.
Hier haben wir für die nächsten 2 Nächte Lager aufgeschlagen
(Fig.5a, 5b, 5c). Die Sicht auf den Vulkan war leider
oft durch Wolken verschleiert und heftiger Regenfall führte
zu einem frustrierendem Nachmittag in engen Zelt.
5b
(rr)
5c
(mr)
Trotzdem war es teils
möglich eine gute Aussicht auf den Dom zu bekommen (Fig.6a,
6b, 6c) und es konnten einige kurze
Pyroklastische Ströme
im oberen Tar River Valley beobachtet werden (Fig.7a, 7b, 7c).
Leider war aber die PS Aktivität generell etwas enttäuschend
da sich in den letzten Wochen die Domaktivität in den
nördlichen Bereich des Doms verschoben hatte.
6a
(mr)
6b
(mr)
6c
(rr)
7a
(mr)
7b
(mr)
7c
(rr)
Am dritten
Tag wanderten wir Richtung Küste um einen alternativen
Ausblick zu bekommen und um uns in Stellung zu bringen für
einen kurzen Besuch des Tar River Valley über die
Küstenroute (Plan B). Am Morgen hatten wir einen
relativ klaren Blick auf den Dom (Fig.8a, 8b, 8c, 8d),
später zogen aber Wolken ein die uns bis zum Ende dieses
Ausflugs begleiten sollten.
8a
(mr)
8b
(rr)
8c
(mr)
8d
(rr)
Am Abend liefen wir dann an der Küste
entlang bis zu den ins Meer herausragenden PS Ablagerungen am
Tar River Valley (Fig.9 a, b, c). Anzumerken ist an
dieser Stelle, daß Tar River Valley jederzeit sehr gefährlich
ist und bei höherer Aktivität oder Aktivität im südlichen
Domsektor ein Besuch fast selbstmörderisch wäre.
Trotzdem entschlossen wir uns nach mehrtägiger Observation der
Aktivität, das Tal zu durchqueren und uns am
gegenüberliegenden Hang einzunisten.
9a
(rr)
9b
(mr)
9c
(mr)
Nach Überquerung
der tiefen Erosionsfurchen im Tal, welche eine schnelle Flucht
verhindern würden, fanden wir eine geeignete Stelle die
allerdings dem Regen und herumwehenden Sand ausgesetzt war.
Es sollte also mal wieder eine "bequeme" Nacht werden.
Trotzdem konnten wir Aktivität im unterem Dombereich
beobachten (Fig.10a, 10b, 10c, 10d).
10c
(mr)
10a
(rr)
10b
(rr) 10d
(mr)
Sogar ein kleiner Pf war zu erkennen
(Fig.10c) (!). In der Morgendämmerung konnten wir
erstmals die gelb-rote pastellfarbene Landschaft richtig
bewundern welche maßgeblich durch frühere PS-Ablagerungen
gestaltet wurde (Fig.11a, 11b, 11c). Ablagerungen eines
vor kurzem abgegangenen PS waren auf dem Talboden wie eine
hellfarbene Klaue zu erkennen (Fig.11b).
11a
(mr)
11b
(rr)
11c
(mr)
Nach diesem
kurzen Besuch kehrten wir an unseren Ausgangspunkt zurück,
wo wir einen Teil unseres Gepäcks ziegensicher verstaut
hinterlassen hatten. Da unsere Wasservorräte zu Neige
gingen entschlossen wir uns Kokosnüsse zu sammeln.
Dies war ein Erfolg,
ausser den 5 Stichen und auf der Flucht erlittenen
Dornenkratzer die ich mir bei einem Wespenangriff zuzog..
Dieser war wohl durch das Aufheben einer Kokosnuss 1m von
einem zu Boden gefallenen Wespennest erfolgt. Der
Angriff war überraschend, da sich die Wespen generell als
sehr ruhig und annäherbar erwiesen hatten.
Dank Martins Einsatz mit der
mittlerweile stumpfen und verbogenen Machete konnten wir
Kokusfleisch und Saft im Überfluss genießen
Die letzte Nacht war wolkig und es
ergaben sich kaum Gelegenheiten zum Fotografieren.
Trotzdem gelang dieses Bild von einem Haus mit einem Felsen
auf dem Dach, welcher die Kraft der Lahars deutlich aufzeigt
(Fig.12). Der anschließende Aufstieg zum Jack
Boy Hill wurde kurz unterbrochen durch eine wohl in der
Nacht geborenen Ziege die mich als seine Mutter adoptieren
wollte. Ich hätte den niedlichen kleinen Kerl auch
gerne mitgenommen aber da ich nicht gerade der Weltmeister
im Laktieren bin wäre dies sicherlich bald ein Problem
geworden. Nachdem ich die Ziege zu seiner Mutter
getragen hatte und es trotzdem zu mir zurückkehrte mußte es
mit leichten Tritten und stochern mit den Wanderstöcken
entmutigt werden. Letztendlich verschwand es in den
Büschen neben der Strasse. Das Junge sahen wir dann
Tage später glücklich mit seiner Mutter vereint.
12
(rr)
Nach 4 Tagen auf der Ostseite
Montserrats beschlossen wir uns die verlassene Hauptstadt
Plymouth anzusehen, und da sich die Möglichkeit ergab auch
eine Fahrt auf St. Georges Hill zu unternehmen. Wir
ließen uns im View Pointe Hotel nieder, welches eine
komfortable und freundliche Basis für die Erkundung dieser
Seite der Insel bietet. Die Fahrt auf St. Georges Hill
kann leicht per Taxi unternommen werden (außer wenn die
Sperrzone wieder ausgedehnt wird), allerdings sind die
Kosten relativ hoch und werden besser mit weiteren
Fahrgästen geteilt. Da wir erst am Nachmittag
hochfuhren, präsentierte sich der Vulkan im hellen
Sonnenschein (Fig.13a, 13b). St. Georges Hill bietet
einen guten Aussichtspunkt auf die Laharschäden im Westen
Montserrats (Fig.14a, 14b).
13a
(rr)
13b
(mr)
14a
(rr)
14b
(mr)
Nach einem ansonsten relativ
entspannenden Tag an dem wir Lebensmittel und Wasser für die
nächsten Tage besorgten, wanderten wir früh am nächsten
Morgen nach Plymouth. Da sich die vom Vulkan
ausgehende Gefahr erhöht hat, betreten nun die im Januar
noch anwesenden Arbeiter nicht mehr die Stadt. Nachdem
wir fast einer Polizeikontrolle in die Arme gelaufen waren
(dies kann sehr teuer werden, da angeblich unauthorisiertes
Betreten der Sperrzone eine Geldstrafe von um die 800 USD
kosten kann), hielten wir uns erstmal in Gebäuden auf und
suchten dabei interessante Fotomotive. Einige hiervon
konnten im Montserrat Technical College (Fig.15a, 15b, 15c,
15d) und in und um verschiedene Läden (Fig.16a, 16b, 16c,
16d) entdeckt werden.
15b
(rr)
15a
(mr)
15c
(rr) 15d
(mr)
16a
(mr)
16b
(mr)
16c
(rr)
16d
(mr)
Es sollte erwähnt werden, dass wir in
keine Gebäude eingebrochen sind (die meisten sind sowieso
schon offen), und auch daß wir keine Gegenstände entfernten.
Am Nachmittag näherten wir uns dann vorsichtig dem
Stadtzentrum und hatten dabei die Möglichkeit den Vulkan bei
nur geringer Bewölkung im Hintergrund zu betrachten. Die
folgenden Bilder zeigen Gebäude im Zentrum von Plymouth
(Fig.17a, 17b, 17c, 17d).
17a
(mr)
17b
(rr)
17c
(rr)
17d
(rr)
Nach Sonnenuntergang verließen wir
die Stadt, Machete in der Hand falls wir Schweinen über den
Weg laufen sollten, und konnten nach kurzer Wanderung eine
Mitfahrgelegenheit nach Belham Valley auf einem Pickup
nutzen. Von dort wanderten wir zurück zum Hotel.
Wer in die Sperrzone eindringt sollte wissen daß von
mehreren Angriffen auf Menschen durch verwilderte Schweine
berichtet worden ist. Es gibt auch Gerüchte daß
mehrere Menschen in den letzten Jahren in der Sperrzone
verschwunden sind. Es wird von Einigen behauptet daß
die Schweine dafür verantwortlich sind, allerdings gibt es
hierfür keinen direkten Beweis. Trotzdem scheint es
sinnvoll eine Machete mitzunehmen um wenigstens etwas Schutz
zu haben. Auf jeden Fall ist Urlaub in der Sperrzone
in gewisser Weise vergleichbar mit einem Urlaub auf dem
Bauernhof, da Schweine, Kühe (Stiere !), Esel und viele
Ziegen dort anzutreffen sind (Fig.18).
18
(rr)
Am vorletzten Tag unseres Besuches
ließen wir uns wieder zur Beobachtung in der Nähe von
Bramble Airport nieder (Fig.19). Leider blieb der Dom
aber diesmal in Wolken und es wurde Bekanntschaft mit
einigen beißenden und stechenden Insekten gemacht.
19
(rr)
Am nächsten Tag verließen wir etwas
enttäuscht unseren Beobachtungspunkt und brachen Richtung
Flughafen auf. Nach dem kurzen Flug nach Antigua
verbrachten wir einige Stunden in der Hauptstadt St John bevor
wir unseren BA Flug nach London nahmen. Es ist
interessant, dass der Stil vieler Gebäude in dieser Stadt dem
von vielen der verschütteten Gebäude in der Altstadt von
Plymouth ähnelt (Fig.20a, 20b).
20a
(rr)
20b
(rr)
Der Soufriere Hills Vulkan ist
momentan wieder in einer Phase des rapiden Domwachstums.
Das Betreten der Sperrzone ist illegal und wird nicht vom
Autor dieses Berichtes ermutigt. Wer trotzdem die
Sperrzone betreten möchte muß mit Gefahren durch Tiere,
Gebäudekollaps, Lahars und Pyroklastischen Strömen rechnen.
Insbesondere sollte die Gegend um das Tar River Valley
gemieden werden.
Sobald der Dom andere Teile des
Schutzwalls, welcher durch die Überreste des Doms von 2003
entstanden ist überwächst, werden weitere Bereiche einem
sehr hohem Risiko durch Pyroklastische Ströme ausgesetzt
sein. Alle Bereiche um den Dom herum sind natürlich
bei einem massivem Zusammenbruch des Doms stark gefährdet.
Besucher sollten v.a. nicht vergessen daß sogar Bramble
Airport (4km vom Dom) in der Vergangenheit schon mal von
einem PS erreicht wurde. Aktuelle Aktivitätsberichte
befinden sich auf der informativen Webseite des Montserrat
Volcano Observatory (www.mvo.ms). Es ist zu erwähnen,
dass die MVO Mitarbeiter sehr deutlich vor einem Besuch des
Sperrgebietes warnen.
Weitere Infos bei:
Photovolcanica.com
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