Cinema,
Asche & Druckwellen

Zu Beginn
dieser Tour, geisterte zumindest bei mir die Vorstellung herum, dass
wir es hier mit zwei mäßig aktiven Vulkanen zu tun bekommen, welche
wenn wir Glück hatten gerade einmal etwas Asche in die Luft blasen.
Wenn überhaupt, sah man nur bei näherem Hinkommen etwas Glut oder
wahrscheinlich gar keine. Grund war, es gab bis dato keinerlei Infos
und wenig Bildmaterial. Na ja, immerhin war es der erste
Besuch in Japan, und wenn die Vulkane nicht aktiv wären, hatte man
eben mehr Zeit dieses interessante Land kennen zu lernen. So hatte
ich mir das vorgestellt...,- aber es sollte anders kommen.

Kagoshima Skyline vor dem nahe gelegenen Vulkan Sakurajima

Eine der vielen Freizeitbeschäftigungen.
Das Pachinko Spiel.
Gleich zu Anfang bekamen wir es
mit den schon erwarteten Schwierigkeiten der simpelsten
Verständigung zu tun, da mit Ausnahme einer Angestellten in der
'Bank of Kagoshima' grundsätzlich kein Englisch gesprochen
wurde. Wurden wir erbarmungslos mit Schriftzeichen konfrontiert, so
hatten wir jedoch einen Trumpf im Ärmel, die Zeichensprache :-(.
Somit wurde unser armseliges Gehampel im Zusammenhang mit infantilen
Lauten bis zum Ende dieser Reise so dermaßen perfektioniert, das wir
zumindest an 70% kamen was wir wollten. Nachdem wir doch es
geschafft hatten einen Mietwagen auszuleihen stellte ich fest, dass
sich das Autofahren im Linksverkehr als eher relaxt herausstellte .
Kein Wunder bei einer generellen Geschwindigkeitsbegrenzung auf
Bundesstraßen von sagenhaften 50km/h.

Die Hoffnung einen momentan
aktiven Vulkan zu sehen wurde während der Umrundung der 'Kagoshima
Bucht' von einem einzigen Menschen zugrunde gerichtet. Nahe der
Halbinsel Sakura-Jima kehrten wir zum Essen ein, und fragten den
Wirt über die kürzlichen Aktivitäten aus. Wir standen vor Postkarten
welche Kilometer hohe Aschesäulen vom Sommer zeigten. Auch die
Blitzeruptionen aus vergangenen Tagen waren äußerst imposant, und
lullten uns so allmählich ein... Peng!!- so machte uns der Wirt
gleich mal deutlich klar, dass wir uns hier und jetzt mit
Nicht-Roten-Eruptionen abzufinden haben. Haaab ich's mir eh schon
gedacht, das der Vulkan ein 'Ascher' ist. -Frust!

Historische
Ausbrüche

Luftbildaufnahme und
Erklärungen zu unseren Beobachtungspunkten. Photos mit
freundlicher Genehmigung des SABO CENTER. Rechts: GPS auf
japanisch???
rr
tb
tb
Rasch aufsteigende Aschesäule (geschätzte Höhe 2-3
km) welche in südlicher Richtung über das Land zog
tb
mr
rr
mr
Allerdings verraten es schon die Photographien, dass das zu
erwartende Programm ein wenig geändert wurde. Als erstes nahmen wir
die uns bekannte westliche Position am sog. Parkplatz ein. Es
handelt sich hier um einen offiziellen Aussichtspunkt für Touristen.
Von hier aus bekamen wir erstmals heftige Ascheausstöße zu sehen,
welche allerdings nicht auf einen Glutauswurf hinwiesen. Bei der
abendlichen Suche nach einer weiteren guten Position auf der
Ostseite der 'Halbinsel' (Karten kommen noch) fiel uns jedoch ein
schwaches Leuchten im leicht tiefer gelegenen Ostkrater auf.
Glutauswürfe bis zu 300 Meter Höhe bestätigten die Aktivität,-
Freude! Von wegen Nicht-Rote Eruptionen, der gute Wirt sollte öfters
mal aus dem Fenster sehen.
tb
Tageseruption mit dichtem Ascheausstoß (Position Ost)
tb
Positiver eingestimmt, zeigten sich am Vulkan weiter Besonderheiten
wie Druckwellen und Blitzentladungen, und es konnten in den weiteren
Tagen unerwartete Beobachtungen gemacht werden. Am Sylvestertag
während der Dämmerung konnte bereits der erste Überschlags-Blitz
fotografiert werden. Bei einer Belichtungszeit von drei Sekunden war
dies nicht ganz einfach. Weitere Eruptionen zeigten tagsüber
Druckwellen, welche Kugelförmig über den ganzen Berg rasten,
begleitet mit einem urlauten scharfen Knall. Selbst in einer
Entfernung von 2500m wurde manchmal die Zeltwand von der
Druckwelle ordentlich durchgeschüttelt.
Da wir gerade bei
Sylvester sind, hier die ominöse Geschichte eines China-Böllers der
XXL-Klasse 5.
Bereits tagsüber fiel uns auf, dass der Vulkan den Rhythmus
gewechselt hatte. Waren beim ersten Besuch stetig Eruptionen von
400-600m Höhe zu beobachten, so war der Vulkan unauffällig ruhig
geworden. Nachdem wir zu Sylvester noch die Hoffnung hatten, mit
einem Super-Knaller ins Jahr 2010 zu gelangen, so schwand diese so
allmählich. Den ganzen Abend keine Reaktion im Krater, nicht mal ein
winziges Rot und das vor dem Jahreswechsel. Die 3200er ASA
Belichtungen von Martin bestätigten uns diesen Zustand noch dazu.
Hatte der Sakura-Jima die Aktivität eingestellt? - Nun gut, dann
gibt’s halt kein Feuerwerk.

Prosit Neujahr!!
Die Sushi-Platte (Lieblingsspeise von Richard, er
würde deswegen auch sofort den Wohnsitz wechseln) aus dem Supermarkt
war ausgezeichnet. Der
Sekt papp süß. Mit glibbrigen Händen saßen wir in unserem Toyota
Kleinwagen, Sushi klebte an den Sitzen und wir glotzten durch die
Windschutzscheibe den schläfrigen Vulkan an. Nix los. Wir stiegen
aus, und postierten uns wie gewohnt an die Kameras. Nun war der
Vulkan ohne Asche und Wasserdampfwolken,- kein Mucks und irgendwie
verdächtig ruhig.
tb
Links: Neujahrs Eruption um 00:05:23 am 01.01.2010,
zwei Minuten später der nächste Knaller.
Das halbe Massiv des Sakura-Jima wurde auf
unserer Seite durch die Auswurfbomben mit Vehemenz
malträtiert.
00:05:23,
vollkommen unerwartet stieg eine gewaltige Fontäne auf eine Höhe von
700m empor, zwei Minuten später die nächste große Fontäne. Das
Vulkanmassif wurde auf der Ostseite reichlich mit glühenden
Auswurfbomben übersät. Nur der nördlich gelegene erloschene
Hauptkrater wurde verschont. Beinahe wäre mir aufgrund der
vulkanischen Überrumpelung der Auslöser aus der Hand gefallen. Wir
staunten Bauklötze, wie pünktlich doch so ein Vulkan sein kann.
So kann das
neue Jahrzehnt beginnen.
tb
mr
Fontänenhöhe über 1000 Meter !!
mr
Eruptive Eindrücke von unserer Ost-Position
mr
tb
mr
Munter ging es in der nächsten
Nacht mit heftigen Detonationen weiter, allerdings hatte sich der
Rhythmus tatsächlich geändert. Im Mittel bis zu vier Stunden waren
nun die Eruptionen zu sehen. Im Weiteren Verlauf waren Pausen von
6-7 Stunden keine Seltenheit mehr. Die längste Pause Betrug
tatsächlich 17 Stunden. Die Ära des monotonen Ansitzens am Vulkan
begann. Allerdings konnte der Vulkan in diesen Ruhephasen genug
Druck aufbauen, demzufolge steigerten sich die Eruptionen in ihrer
Stärke. Dies zeigten zwei Eruptionen am 2.Januar. Die Erste und
höchste ist oben im Photo dargestellt, und misste tatsächlich über
1000 Meter. Selbst bei der Verwendung eines leichten Teleobjektivs
von 100mm mit einem bis dato reichlichen gewählten Bildausschnitt
schossen die Lavabomben dennoch über den Bildrand. Sehr
beeindruckend war, mit welcher Dynamik es diese überdimensionalen
Kerzen in den Himmel trieb. Starker Ascheregen prasselte jedes Mal
nach einer Eruptionen auf uns ein, und wir nahmen zunehmend die
Gestalt von staubigen Aschemännchen bzw. der Umgebung an. Diese
Heftigkeit der Eruption konnte ich bisher nur am Etna in den Jahren
2000-2002 beobachten.

Auch der
nächste Tag brachte weitere Neuigkeiten. Nun passte endlich
auch mal das Wetter. Kein grauer Siff im Hintergrund,- klare
Luft,- kein Regen oder gar verreiste Objektive. Nach einer
sechsstündigen Pause zeigte sich diese Eruption von Ihrer
schönsten Seite. Die Detonation im Krater zeigte aufgrund
der Trockenheit nicht wie gewohnt die abgehende Druckwelle
im Kondensat, dennoch war sie vorhanden und preschte mit
voller Wucht an die linke Kraterkante, sodass sich
Kleinmaterial deutlich abhob. (Video kommt). Im weiteren
Verlauf zeigten sich Aschesperre von beachtlicher Größe.


Die mächtige Aschewolke senkte sich tief und zog mit
ausfallender Asche in zahlreichen dichten vertikalen Bändern
nördlich an uns vorbei. Dies hatte zur Folge, dass wir
einmal von dem gewohnten Aschegeprassel verschont wurden.
Die Tage davor trieben uns die Ascheregen regelmäßig ins
Zelt oder ins Auto. Hierbei entstanden auch zeichnerische
Kunstwerke an diversen Autoteilen. Windschutzscheibe etc.
Asche Impressionen

Oft zog die Aschewolke direkt über uns:
Ausfallende Lapilli bis zu 5mm. Die feine Asche klebte
bevorzugt an unseren Kameraausrüstungen, kroch in die
Schlafsäcke, Kleidung und bis in die kleinsten Ritzen.
Dennoch gab Sie uns künstlerische Impulse. Das
Spiegelschreiben wird aber nach wie vor geduldig geübt.

Hinweis: Unsere Malereien sind frei erfunden. Jegliche
Änlichkeiten mit lebenden Peronen sind rein zufällig und
nicht beabsichtigt.
Links: Einem Sandsturm ähnlich glich
das Szenario. Die Asche wurde aufgrund von starken Winden
buchstäblich über das Land getrieben. Bis zu einer Entfernung von
zehn Kilometern zogen die Schwaden über die Landschaft.

Weitere
Eruptionen von der
Südseite aus gesehen.
tb
Eine mächtige Eruption am 5.1.2010 verwandelte das
Vulkanmassif in einen Gluthaufen
Sakurajima- Starkstrom!

Astronomy picture of the day (M.Rietze)
tb
mr
Gegen Ende
stellte sich ein neuer Zustand der Eruptionsphasen ein. Waren die
Abstände nun wieder kürzer geworden, kamen fast regelmäßig
Blitzüberschläge dazu. Selbst bei kleineren Eruptionen war dieses
Phänomen zu beobachten. Schlugen die Blitze in der Nacht zum
9.1.2010 hinter der Aschewolke in Richtung Vulkan ein so waren diese
meist nicht zu sehen. Das helle Aufleuchten ließ allerdings auf die
zahlreichen Entladungen schließen. Am letzten Abend, gelangte uns
dennoch diese Photographie. Wegen der Rückgabe des Leihwagens am
Kagoshima Airport, hatten wir die Abbauzeit der Kameras auf
18:55
festgelegt. Wir hofften nun auf eine Abschiedsvorstellung. Nachdem
am Nachmittag eine starke Eruption zu beobachten war, schwand wieder
einmal die Hoffnung eine Weitere zu Gesicht zu bekommen. Nach einer
fünfstündigen Wartezeit war uns klar, das wird wohl nichts mehr.
Durchaus ominös startete tatsächlich um
18:45
eine weitere heftige Eruption. Diese zählten wir sogar zu einer der
Schönsten. Ein halbes Dutzend Blitze deutlich vor und in der
Aschewolke wurden uns kredenzt. So, und was machte ich gerade in
diesem Moment?!? Nachdem ich mir nicht mehr sicher war ob der
eingestellte Horizont passte, sah ich die erste halbe Sekunde der
Eruption durch den Sucher auf und ab wackeln. Panisch zurrte ich
nach Gefühl mein Stativ fest und löste aus. Mit riesigem Glück
gelang somit diese Aufnahme und konnte komplett und ohne
Detailverlust abgelichtet werden.
Umgebung Sakurajima
Der
Sakurajima ist ebenfalls als Studienvulkan für
Lahars
bekannt. (Immense Schlamm-/Lava-/Wasserlawinen). Zur
Linken das SABO Informations Zentrum für 'Lahar-Technologie'. Sehr
interessant zu besuchen. Hier bekommen Sie einen
Eindruck mit welchen Schwierigkeiten diese Insel zu
kämpfen hat, und mit welchen mächtigen
Laharbauwerken
versucht wird, dieser Naturgewalt Herr zu werden.
Mittleres und rechtes Photo:
Laharbauwerke
auf der
westlichen Seite des Vulkans.
Massiv geschützte Telefonbox nahe des
Sakurajima Vulkans. Säuberung der Straßen und eine
Ascheannahmestelle.

Phantasiereich geformte Gartengewächse. Unbekannter
Pflanzenschutz.
Und hier der berühmte japanische Riesenradi auf Sakurajima.
Einige Exemplare bringen es auf 26 Kilo.
Sayonara
Sakura-Jima

Vulkan Mt.Otaka:
Suwanosejima, Tokara Inseln

Ankunft auf Suwanosejima mit der
Toshima Fähre
Der Vulkan Mt. Otaka erhebt sich mit einer Gipfelhöhe
von 799 Meter über die Insel Suwanosejima etwa 250 Kilometer südlich
von Kagoshima entfernt. Die Insel gehört zu dem Tokara-Inselkomplex
in den nördlichen Ryukyu-Inseln. Nun fragen Sie sich, wo könnte
diese Insel wohl liegen. Die gleiche Frage stellen sich auch
die meisten Südjapaner. Diese Insel ist nicht nur abgelegen, nein
die meisten Leute in Kagoshima kennen sie nicht einmal. Somit hatten
wir zwar die Information das etwa 50-80 Einwohner auf der Insel
wohnen, aber über Unterkunft und Versorgung standen wir blank da. Es
blieb uns somit nichts anderes übrig als für die geplanten fünf
Tage den kompletten Proviant auf die Fähre zu schleifen.
Der Empfang auf der Insel war sehr herzlich, und die
hilfsbereiten Einheimischen zeigten uns sofort einen kleinen
Campingplatz, der wohl extra für die Sonnenfinsternis 2009 erbaut
wurde.


Die Neugier zum Einblick in die Vulkankaldera dieses
so unbekannten Vulkans drängte uns noch am gleichen Nachmittag durch
einen seit Jahren nicht mehr begangenen Waldpfad, welcher in der
oberen Region mit aschebedeckten Farnen komplett zugewachsen war.
Der Aufstieg entpuppte sich als höchst anstrengend, und ich
zweifelte ob wir jemals dort oben ankommen würden. Martin zog als
erste die Schneise (Danke!), Richard und ich walzten den Rest um.
Wer nach der Durchschreitung des Waldpfads die graueste Patina besaß
kann sich ja wohl jeder denken. Endlich angekommen, der Einblick in
die nach Osten abgehende Vulkankaldera. Akustisch wurde die erste
Begutachtung mit einem lauten Jetgeräusch begleitet.
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mr
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Auch hier konnten anfänglich durch das Tageslicht
bedingt, Druckwellen beobachtet und gefilmt werde. Schwacher
Lapilliausstoß war in dem flach ausladenden Krater aus der zentralen
Schlotzone zu erkennen. Jedoch wechselte nach etwa einer
Stunde der Aktivitätsmodus. Der andauernde Jetton wurde zunehmen
leiser, und der Vulkan begann mit tiefem Grollen eine Unmenge an
Asche durch den Schlot zu transportieren. Die Aschesäule stieg
in etwa 250 Meter Entfernung an uns empor, und türmte sich
geschätzte zwei Kilometer vertikal über uns auf. Zugegeben es wurde
allen höchst mulmig, und so räumte ich bereits meine
Kameraausrüstung fluchtbereit zusammen. In diesem Moment dachte ich
mir, würde der Mt.Otaka noch eine Stufe höher aufdrehen, hätte ich
einen neuen Weltrekord über 100m aufgestellt. Richard bemerkte zudem
noch ein Ansteigen der Elektrostatik am Kraterrand. Ihm standen
buchstäblich die Haare zu Berge. Bei der zweiter nächtlichen
Eruption konnte sogar ein leichtes vibrieren des Bodens festgestellt
werden.
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Die Aktivität normalisierte sich immer wieder
zwischendurch, und die leuchtkräftigen Schlackeauswürfe kamen in den
Abendstunden zum Vorschein.
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Im etwa 3 Stunden-Takt wiederholten sich die starken
Ascheeruptionen während der ganzen Nacht. Zu jedem Beginn wurde
reichhaltiges 'Leuchtmaterial' in der Aschewolke mit gefördert.
Zwischendurch konnten auch vereinzelte Acheausstöße welche das
Material über den inneren Krater beförderten, beobachtet werden.


Hafen von Suwanose Jima
und der Rückweg auf der Fähre

Unser letzter Vulkan:
Der Fuji
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