Paroxysmus am 1. April
Cinema



Ein
Schnellentschluss wieder einmal in die Paroxysmus*- Lotterie
einzusteigen wurde endlich belohnt. War zeitweise
im Juni 2011 der Rhythmus einer Eruption fast exakt auf sechs Tage
bestimmt so verlor sich die Regelmäßigkeit bereits wieder im Herbst. Es
war fast unmöglich geworden eine Paroxysmus zu erwischen. Dieses war
wohl nur den Leuten vor Ort vorbehalten. Etliche Versuche von uns
schlugen fehl. Der Ätna erlaubte sich sogar im Juni zwei Stunden direkt
nach der Flugbuchung einen Ausbruch und ließ uns verzweifelt in München
an den Monitoren schmachten. Kost ja nix :-(. Nur Martin hatte im
Sommer einmal wirklich Glück gehabt und konnte einen
Tagesparoxysmus erwischen.
*
(Paroxysmus, - medizinisch Anfall; So wird
die sehr einzigartige Ausbruchsform am Etna mit Intervallen von Stunden
(anno 2000) bis zu mehreren Wochen (anno 2011/12) bezeichnet)
mr

Beginn der Aktivität am 30.3. 2012. Tagsüber
wurden bereits kleine Aschewolken gesichtet. Milde 'Strombolianische
Aktivität'.
 mr
rr
Der erste stärkere Ausstoß am Morgen des
31.3.2012. Danach folgte eine achtstündige Pause, und das Stimmungsbarometer
erreichte den absoluten Nullpunkt.

Das
teilweise von Asche bedeckte Valle del Bove deutet auf die
vorherigen Eruptionen hin. Bemerkenswert das die
Windrichtung meistens Richtung Südost steht. Etwas ungünstig
für den Beobachtungspunkt Schiena Dell' Asino.

Messgeräte und Webcams in der näheren Umgebung. Rechts: Kein
Yeti sonder ein ziemlich gerupfter Fuchs. Diese Knabbertierchen
sind nach dem Winter so dermaßen ausgehungert, dass nicht nur leichtfertig
gelagerte Lebensmittel aus der Zeltapsis gezogen- und
gefuttert werden, nein
sogar die alles andere als wohlschmeckenden Schuhe von
Richard wurden angefressen, und verschleppt. Na dann, "Buon
Appetito!".

Links: My home is my castle
Bei strengen Frosttemperaturen (-6°C) und tagsüber
wenig über Null °C verweilten wir drei Nächte hier oben.
Trotz des teilweise starken Windes war die Wettersituation perfekt.
Nur ein
wichtiges Detail fehlte,- der Ausbruch. Während unserer
Wartezeit drehte auch Boris Behncke die Runde. Das freudige
Wiedersehen nach langer Zeit gab genügend Stoff um über die
'Guten Alten Zeiten' zu plaudern. Soweit es die Wetterlage
zuließ konnte Boris die letzten 22 Paroxysmen fast nahtlos
beobachten,- das spricht für den Standort Catania. Am Nachmittag
hörten wir wieder Explosionen aus dem SOK II. Allerdings
ohne Aschezusatz. War es 'Strombolianische Tätigkeit', oder nur
Gasexplosionen? Die Zeit wird knapp. Noch 16 Stunden zum
Heimflug und der Tremor dümpelte unverändert ganz unten bei zwei
**(scroll
down).
Boris meinte,
es wäre noch alles drin. Sein Wort in Gottes Ohr.
mr

Die Spannung
steigt und mit ihr die
sichtbare
Auswurfintensität am Südostkrater
II.
Die Zeit wird immer knapper, das Tremordiagramm zeigt gegen 21:00 nun auch einen
langsamen Anstieg auf 3,5. Ab 0:00 Uhr wurde tatsächlich die
Skalierung 6, und um 1:00 die 9 durchschritten. Es schien nun
wirklich zum Ausbruch zu kommen :-).


Beginnende Eruption in der
Hauptspalte oder Bocca. Langsam schaukelt sich die Aktivität auf. Die
Auswürfe gehen nun über den gesamten Konus. Das intensivere Aufschaukeln betrug
bis zum Paroxysmus bis zu 4
Stunden. In diesen letzten vier Stunden gab es keine Unterbrechung des
Lavaauswurfes.


Der Paroxysmus ist zu unserer Freude
nicht mehr aufzuhalten. Die Explosionsgeräusche verstummen, und durch
den 'gefüllten' Gas- und Masseausstoß, sei er noch so intensiv gewesen,
kam die Akustik fast einem knisterndem Lagerfeuer gleich. Fast lautlos
präsentierten sich die Fackeln. Am Ende wird der Tremor die Intensität von 152
**(scroll
down)
erreichen. Es rieselt Asche und sehr verdutzt registrieren wir
die Einschläge von größeren Flugobjekten in unmittelbarer Umgebung. Naja, so groß können die Lapilli ja nicht sein.


Die Eruption in der Hauptspalte des
Südost II Konus ist in vollem Gange. Asche- und Lapilliwolken steigen etliche
Kilometer über uns. Die Höhe der Fontänen erreichten
meisten zwischen 300m-500m, manchmal sogar höher. Allerdings
hatten wir aufgrund der ungünstigen Windrichtung die
Aschewolke fast in unserer Richtung. Somit blieb uns mancher
Blick oft verwehrt und Schätzungen über die tatsächlichen
Höhen fielen schwer.

 mr
rr mr
Trotz
Aschwolke, immer wieder kam es zur freien Sicht auf die
Lava/Gassäulen. Links und Rechts der Standpunkt von Martin am
Monte Fontane nahe Fornazzo.


Sehr mächtige seitliche Auswürfe, teilweise bis auf den
oberen Belvedere. Somit kann die Beobachtung in den oberen
Regionen ohne Schutzeinrichtung wie das damalige Torre del
Filosofo, durchaus gefährlich werden.


Abfließender
Lavastrom in östlicher Richtung ins Val del Bove. Hier treten die Lavamassen mit der noch bis zu 3m dicken
Schneedecke zusammen und es entwickeln sich imposante
Wasserdampfwolken. Dampfexplosionen und laharähnliche
Abgänge konnten wir dieses mal nicht sichten. Diese waren
nach Angaben von Boris Behncke während der letzten
Eruptionen deutlich sichtbar. Allerdings konnte ein kleiner
Pyroklastischer Strom von
Etna Walk
gefilmt werden.
rr
6:30)
Der
Beobachtungspunkt ließ nicht nur den detaillierten Blick auf die
Fontänen zu, sondern demonstrierte uns den phantastischen Lavastrom in
seiner gesamten Dimension von 2-3 km Länge und etwa 700m Breite.



Wie bereits
oben beschrieben, wurden wir überraschender Weise aus einer
Entfernung von etwa 3 km von bis zu 10 cm großen
Lapilli malträtiert. Zwar bestand keine akute
Verletzungsgefahr, allerdings erfüllt ein aerodynamisch
günstiger geformter Rundling mit Sicherheit immer noch den
Zweck einer ordentlichen Kopfnuss.

Morgenüberraschung
Und die
Moral von der Geschicht', ohne Reifen geht es nicht :-(.
Langfinger der übelsten Sorte schraubten uns erstmal alle
'Viere' ab. Die weitere
Organisation zur Bergung ging etwas turbulent zu,
wobei die sehr hilfsbereite Bergwacht-Crew des Refugios
Sapienza uns tatkräftig unterstützte. Grazie Mille!
Aber halb so schlimm, es war wieder ein faszinierendes
Vulkan-Erlebnis mit Parallelen zu den Jahren
2000-2002. Etwa 10 Jahre später
ereilte einen wieder das etwas besondere Etna-Feeling
(.. das kann man leider nicht beschreiben)
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**
Und das ist der Tremor vom 1 April.
Dank geht auch hier wieder an die
und Boris Behncke für die Informationen.
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R.Roscoe
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Eruption vom Juni 2011
Oldies, but Goldies.
Der Ätna von 1999 bis 2006
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